Am 22. September fand Teslas Batteryday statt. Um 22:30 unserer Zeit ging es los. Zunächst gab es das Shareholder-Meeting (eher uninteressant) und danach, etwa gegen 23:15 startete endlich der eigentliche „Batteryday“ mit einer Reihe, auf den ersten Blick für viele wenig aufschlussreicher, Statements und Vorstellungen neuer Technik. Was Elon Musk und Drew Baglino (Senior VP Powertrain & Energy Engineering) an diesem Tag aber vorstellen, wird die Batterietechnik und auch das Marktgefüge für Elektroautos nachträglich verändern. Und hier sind die Details dazu…
Der Plan: Kosten pro kWh reduzieren
Wie will Tesla das schaffen?
- Verbesserter Aufbau jeder einzelnen Akku-Zelle
- Verbesserung der Akkufabrik
- Verbesserung der Materialen innerhalb jedes Akkus
- Verbesserung der Integration zwischen Akkupack & Fahrzeug
Tesla Batteryday: Verbesserung der Batterie-Zellen
Größere Zelle: Gute Zelle.
Bisher verwendete Tesla zwei Arten von Batterie-Zellen, die sich sowohl durch Zellchemie als auch durch ihr Format unterschieden. Einerseits werden die 1865er Zellen (18mm Durchmesser, 65mm Höhe) in Model S und Model X verwendet, andererseits sind im Model 3 und Model Y etwas größere Zellen im Einsatz, die 2170er, wieder aufgrund ihrer Größe so benannt. Diese 2170er Zellen sollen aber aufgrund ihrer leicht veränderten Zellchemie u.a. die höhere Ladegeschwindigkeit (250kW) von Model 3 und Model Y ermöglichen. Diese Vergrößerung der Zelle damals brachte auch 50% mehr Kapazität.
Weil aber größere Zellen günstiger in der Produktion sind, wird nun eine noch größere Zelle entwickelt. Größere Akku-Zellen haben aber oftmals auch das Problem, heiß zu werden. Hauptsächlich, weil die Zuleitung zu den beiden Seiten jeder Zelle über schmale Fähnchen erfolgt. Dieses Problem hat Tesla nun behoben: Zellen ohne Fähnchen, auf Englisch „tabless“.
Durch diese Konstruktion soll es kaum noch Probleme mit der Hitzeentwicklung geben. Das wiederum könnte deutlich schnelleres Aufladen (Supercharging bei Tesla) ermöglichen. Was darf man also von Teslas neuer Zelle, die als 4680 (46mm im Durchmesser und 80mm Höhe) in die Geschichte eingehen wird, erwarten?
- 5x die Energie
- 16% Reichweitenzuwachs
- 6x die Leistung
Weg mit den Fähnchen!
Das „Fähnchen“ an klassischen runden Batteriezellen ist aber auch bei der Produktion selbst nervig. Die Maschinen können nicht einfach durchlaufen und müssen immer wieder wegen des Fähnchens stoppen, die maximal mögliche Anzahl der Zellen pro Zeiteinheit ist also deutlich niedriger; mit Teslas „tabless“ Herangehensweise kann die Produktionsgeschwindigkeit deutlich gesteigert werden und durch die Verbesserung der Zellen, siehe oben, werden für die selbe Anzahl von Kilowattstunden in z.B. einem Model 3 Akku (75kWh) deutlich weniger Zellen benötigt. Win-win also. Die oben genannten Verbesserungen beziehen sich aber erst mal NUR auf die neue Batteriegröße; da haben wir noch gar nicht von den nächsten spannenden Punkten gesprochen! Diese Umstellung der Zellgröße und der Entfall der Fähnchen führt zu 14% Reduktion der Kosten pro kWh.
Tesla Batteryday: Die neue, verbesserte Produktionsanlage
Grundsätzlich führt so eine Batteriezellenfabrik vier Produktionsschritte aus: Herstellen der Elektroden (Anode + Kathode), aufwickeln selbiger, Zusammenbau der Zelle und Füllen mit (nach wie vor) flüssigem Elektrolyten sowie letztlich das „Formation“ genannte erstmalige Aufladen & Prüfen jeder Zelle.
Trockene Beschichtung der Elektroden
Tesla hat vor einer Weile eine Firma namens „Maxwell Technologies“ gekauft, die sich mit „trockenen Elektroden“ beschäftigte. Bislang wurden nämlich die Materialen der Elektroden flüssig auf eine Trägerfolie aufgetragen. So, wie wenn man Kaffee verschüttet und eintrocknen lässt. *hust* etwas vereinfacht gesagt. Tesla hat sich aber nun die eingekaufte Technik zunutze gemacht um den sehr aufwendigen flüssigen Prozess direkt trocken durchzuführen. Ein technischer Meilenstein, denn dieser Schritt verringert die Größe der Produktionsanlage sowie auch ihren Energieverbrauch um den Faktor 10.
Verbesserte Fabrik
Die verbesserte Produktionsstraße schafft mit hoher Geschwindigkeit, der wegfallenden Notwendigkeit wegen Fähnchen für jede Zelle zu stoppen und einem extrem hohen Grad an Automatisierung auf einer Produktiostraße 20GWh (= 20000MWh = 20 Millionen kWh, vgl. ein Model 3 Akku hat 75kWh) und damit eine versiebenfachte Produktionskapazität.
„Formation“ im Akkord
Die eingangs erwähnte „Formierung“ also das initiale Aufladen jeder Zelle und die darauf folgende Überprüfung wird von Tesla weiter optimiert. Anstatt jede Akku-Zelle einzeln zu laden und zu prüfen wird das mit tausenden gleichzeitig erledigt. Dadurch kostet dieser Schritt 86% weniger Geld und reduziert zudem den benötigten Platz innerhalb der Fabrik um 75%.
Das krasse ist nun, dass Tesla plant, mit diesen Verbesserungen die Produktion von aktuell 100GWh Batteriekapazität auf 3TWh zu erhöhen bis 2030. (3TWh entspricht 40 Millionen Model 3 Akkupacks mit 75kWh Kapazität). Dieser Punkt der Verbesserungen bringt nochmal 18% Kostenreduktion pro kWh, womit wir schon bei 32% wären…
Neue Materialien innerhalb jedes Akkus
Die Plus- und Minusseite jeder Batterie, wie wir sie aktuell kennen, heißen Anode (+) und Kathode (-). Aus welchen Materialen diese beiden bestehen ist essentiell dafür verantwortlich, wie gut, effizient und haltbar eine Batterie bzw. ein Akku ist. Füher gab’s z.B. NiCd Akkus (Nickel + Cadmium), dann kam NiMH (Nickel Metallhydrid) und nun nennen wir sie LiIon (umgangssprachlich für Lithium Ionen). Eigentlich ist diese Bezeichnung vollkommen unzureichend, weil sie nix über die Bestandteile unserer Akkus aussagt. Nun, sei’s drum.
Um Akkus weiter günstiger zu machen, müssen sie aus einfach herzustellenden und reichlich vorhandenen Materialien bestehen. Eines dieser Materialien ist Silizium. Silizium hat aber dummerweise bislang ziemlich negative Eigenschaften in Batterien. Es dehnt sich aus und verbraucht dann viermal so viel Platz innerhalb der Batterie. Eher nicht so gut.
Tesla Silizium in der Anode
Tjo, um dieses Ausdehnen vom eigentlich günstigen Silizum in Batterien zu verhindern wurden bislang diverse Ansätze verfolgt. Tesla hat hier aber eine neue Technik entwickelt, die die Kosten von mind. 6,6$/kWh auf 1,2$/kWh reduzieren sollen.
Stark vereinfacht wird das Roh-Silizum mit einem hoch elastischen Kunststoff ummantelt um seine Ausdehnung zu kontrollieren. Dieser einzelne Schritt, das Verbessern der Anode in diesem Fall, brächte 20% mehr Reichweite bei Fahrzeugen. Kostenseitig sorgt es für weitere 5% Kostenreduktion pro kWh, wer nachrechnet, wir sind jetzt bei 37%.
Günstigere Materialien auch bei der Kathode
Die Kathode innerhalb der Batteriezelle besteht wiederum aus einem anderen Material. Hier kann z.B. günstiges Eisen im Spiel sein, teures Kobalt (das ist das Problem-Metall aus dem Kongo) oder auch Nickel, das preislich zwischen den beiden anderen Metallen liegt, dabei aber fast so gut wie Kobalt ist.
Nun ist zudem bisher grundsätzlich das Herstellen der Kathode recht komplex und führt zudem unterm Strich zu einer großen Menge Abwasser. Tesla möchte diesen Prozess deutlich verbessern, kein Abwasser produzieren und dabei die Kosten deutlich senken.
Und diese benötigten Materialien, im Falle Tesla Lithium und Nickel für die Kathode, wird Tesla künftig in Amerika schürfen und seine Kathoden selbst produzieren, in der Batteriefabrik. Funfact: alleine in Amerika bzw. sogar im Bundesstaat Nevada gibt es genug Lithium um ALLE Fahrzeuge in den USA zu EVs zu machen.
Auch hier ist Tesla anscheinend federführend, denn sie wollen das Lithium nicht über herkömmliche, teilweise kritisierte Prozesse mit großem Wasserverbrauch (z.B. in der Chilenischen Atacama-Wüste) herstellen, sondern das Lithium mit Salzlösung gewinnen und dabei sehr umweltfreundlich sein.
Recycling
Tesla wird ab dem nächsten Quartal zudem (vermutlich eher ab 2021) alle seiner Batteriezellen selbst recyclen und dabei die wertvollen Rohstoffe wiederverwerten. Macht das mal mit Dinosaft (AKA Erdöl). Aktuell wird das Recyclinig über externe Firmen durchgeführt.
Sodele, mit Recycling und verbesserten Kathodenmaterialien sowie der eigenen Herstellung selbiger werden Teslas Batterien nochmal um 12% günstiger pro kWh. Damit sind wir bei 49% Einsparung in $/kWh angekommen.
Verbesserung, wie Akku & Fahrzeug verbunden werden
Riesige Druckgußteile
Hier kommen drei verschiedene Punkte zusammen. Erstens sogenannte Giga-Pressen. Kennt ihr Druckguss? Vermutlich von kleinen Matchbox-Autos? Nun, das ganze tausendfach vergrößert führt zu Teslas Giga-Pressen. Druckgussmaschinen, die quasi je das gesamte Heck und den gesamten Vorderwagen in einem Rutsch herstellen können. Tesla hat zudem für diese Teile eine eigene neue und einzigartige Aluminium-Legierung entwickelt.
Durch diese riesigen Druckgußteile wird aus über 370 einzelnen Teilen plötzlich ein Einzelteil.
Die Batterie wird zum tragenden Element
Vereinfacht gesagt werden die riesigen Druckgußteile vorne und hinten an die Batterie geschraubt und erzeugen so quasi den gesamten unteren Teil des Fahrzeuges. Damit wird so viel Material und Gewicht eingespart, dass die Fahrzeugmasse 10% leichter wird.
Wie man im Bild oben sieht ist aber nicht nur der Einsatzzweck der Batterie erweitert, es entfallen auch die sogenannten Module. Bislang waren die 1865er oder 2170er Zellen ja in Batteriemodulen untergebracht, diese Module wiederum befanden sich dann im Akku Pack. Man sprach von „cell to module“ Technik. Nun sollen die Zellen direkt im Akku-Pack landen, das nennt man „cell to pack“.
Das bisherige flammhemmende Füllmaterial, das man ab und an in Fotos von Tesla Batterien gesehen hat, wird künftig zum Kleber der auch für die Festigkeit des gesamten Fahrzeuges sorg und damit Batterieober- und. Unterseite physisch fest miteinander verbindet! Persönlich frage ich mich nur, wie reparierbar diese Konstruktion bei Zukünftigen Fahrzeugen sein wird.
Ein weiterer sehr positiver Aspekt von „cell to pack“ ist, wie man auch oben im Bild sieht, dass die Akku-Zellen (in blau) weiter vom Rand des Fahrzeuges wegrücken; ein Seitenaufprall macht also einen Schaden an der Batterie nochmals unwahrscheinlicher und das Fahrzeug sicherer.
Diese Punkte sorgen nun also für 10% Reduktion des Fahrzeuggewichtes, steigern die Reichweite um 14% und sorgen für 370 weniger Einzelteile.
Und damit können wir die Rechnung abschließen. Diese Strukturelle Veränderung der Fahrzeuge bringt nochmal 7% Einsparung womit wir bei satten 56% Kostenreduktion pro kWh wären.
Was bringt das nun?
Wenn wir nun diese ganzen Punkte zusammenfassen zeigt sich schnell, warum dieser Tesla Batteryday so bahnbrechend war:
- 54% Steigerung der Reichweite
- 56% Reduktion der Kosten
- 69% weniger Investitionskosten pro GWh produzierter Batteriekapazität
Natürlich, immer vorausgesetzt, Tesla kann das alles so umsetzen. Nun, und wo wir da gerade dabei sind: Ja, man kann Tesla zwar durchaus ein etwas krasses Zeitgefühl beim Marktstart neuer Produkte vorhalten, was sie aber planten, haben sie bislang immer umgesetzt. Aktuell rechnet Tesla mit bis zu 18 Monaten, bis das obige umgesetzt ist.
In 3 Jahren ab nun möchte Tesla zudem ein (vollautonomes) Fahrzeug um die 25000$ auf den Markt bringen.
Fazit zum Tesla Batteryday
Das ist ein recht langer Artikel geworden, aber ich hoffe, ich konnte hier einige Dinge erklären und in etwas einfacher Verständliche Worte fassen, als es im originalen Tesla-Video zu sehen war. Außerdem hoffe ich, dass ihr nun versteht, warum der „Batteryday“ so immens wichtig war:
Die Batterie jedes Elektroautos ist momentan das teuerste Bauteil. Wenn man hier die Kosten halbieren kann wird das die Verbreitung deutlich erhöhen.
Außerdem ist Teslas neue Batterietechnik besser skalierbar, es können deutlich größere Mengen zu günstigerem Preis produziert werden, die zudem leichter sind und mehr Reichweite als bisher bieten.
Und warum fällt die Tesla Aktie nun, wenn das alles so toll ist?
Na ganz einfach: Weil die Börsenmenschen meinen Artikel nicht gelesen haben 😉 – nein, ernsthaft, die Börse und damit u.a. der Handel mit Unternehmensanteilen richtet sich nach der Aussicht auf Gewinne. Und aktuell, mit bis zu 18 Monaten Vorlaufzeit, bringt das am Batteryday Vorgestellte keine schnellen Gewinne. Die Aktie hat vor dem Batteryday extrem gut angezogen, eine Ankündigung alla „ab dem 4. Quartal 2020 werden alle Teslas mit diesen neuen Zellen ausgeliefert, haben über 800km Reichweite und die Akkus halten 1 Million Kilometer“ blieb am Batteryday aber aus – viele derer, die von Technik nichts verstehen, entschieden sich dafür, wieder zu verkaufen, entsprechend sank der Wert der Aktie. Just my two cents, bin kein Finanzexperte. Meine paar (wenigen) Tesla Aktien behalte ich jedenfalls noch ein Weilchen.
Video zum Batteryday von Tesla
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